Das Leben läuft weiter – als man glaubt: Exoskelett „Autonomyo“
Gehen ohne Krücken – das ist für Menschen mit bestimmten neuromuskulären Krankheiten ein Sehnsuchtstraum. Mit dem Exoskelett „Autonomyo“, welches die Forschungsgruppe für Rehabilitation und Assistenzrobotik (REHA Assist) entwickelt hat, soll er nun in Erfüllung gehen können. Die aktive Gehhilfe unterstützt die geschwächten Muskeln und erlaubt einen intuitiven Bewegungsablauf, der dem natürlichen folgt. Die zusätzliche Kraft kommt aus sechs Kleinmotoren. Um eine harmonische Interaktion zwischen dem Exoskelett und seinem Benutzer zu erleichtern, hat der Hersteller von Antriebssystemen FAULHABER einen All-in-One-Komponentenmotor mit Drehmomentsensor entwickelt.
Teilunterstützung in Leichtbauweise
Mit einem Gewicht von nur 25 Kilogramm soll das Hilfsmittel deutlich leichter sein als anderer seiner Art. Außerdem arbeitet es unter Einbeziehung des geschwächten, aber noch teilweise funktionierenden Bewegungsapparats des Patienten.
Das Gerät ist mit einem Korsett am Rumpf sowie mit Manschetten an den Beinen des Benutzers befestigt. Auf jeder Seite liefern drei Motoren die Kraft, die den Muskeln für die Bewegung fehlt. Je einer ist für Beugung und Streckung von Hüfte und Knie zuständig, ein weiterer Motor für das Knie.
Der dritte Motor unterstützt die Abduktion und Adduktion des Beins im Hüftgelenk, also die seitliche Bewegung des Beins von der Körper-Mittelachse weg. Alles in Allem helfen die Motoren dem Patienten, sowohl das Gleichgewicht zu halten als auch aufrecht zu gehen.
In einer jüngst durchgeführten klinischen Studie, an der auch gehbehinderte Personen teilnahmen, soll Autonomyo wie vorgesehen funktioniert haben: Das Exoskelett bot Unterstützung und erlaubte zugleich Bewegungsfreiheit entsprechend den Absichten der Benutzer. Der Bewegungsumfang der Gelenke und die Gangkadenz wurden dabei nicht negativ beeinflusst.
Antriebsleistung und Entwicklungspotenzial
Die insgesamt sechs Antriebseinheiten pro Gerät stammen Antriebssystemhersteller. Ihr Kernstück ist der bürstenlose Motor 3274 BP4 mit 32 Millimeter Durchmesser. In seiner Größenklasse soll er die höchste Leistung, die auf dem Markt verfügbar ist, bieten.Seine Kraft wird von einem Planetengetriebe 42 GPT mit einer speziell für diese Anwendung gefertigten Welle übertragen. Ein magnetischer Encoder IE3 liefert die Positionsdaten an die Steuerung. Der Drehmomentsensor ist in den Getrieben der vier Motoren für die Flexions- und Extensionsbewegungen integriert.
Die Komponente gehört zwar vorerst nicht zu den Serienprodukten trotzdem kann sich Entwicklungsingenieur Frank Schwenker bereits eine Reihe von weiteren Einsatzgebieten vorstellen: „Die hochauflösende Drehmomentmessung kann in allen haptischen Anwendungen einen großen Mehrwert bringen. Das gilt zum Beispiel für alle Arten von Roboterassistenz im Operationssaal, wo der Chirurg das Instrument führt und die Maschine für Kraft und Präzision sorgt. Der Sensor kann aber auch eine Schutzfunktion übernehmen und zur Drehmomentbegrenzung verwendet werden. Außerdem ist er perfekt für die Dokumentation in der Qualitätssicherung geeignet, überall dort, wo sehr genaue Drehmomentwerte nachgewiesen werden müssen.“