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Vom Ballast zum Durchbruch: Wie Qualitätsmanagement zum Wettbewerbsvorteil wird

Entdecken Sie praxisnahe Strategien, wie Compliance-Anforderungen in Geschäftschancen umgewandelt werden können – von der systematischen Analyse der Kundenbedürfnisse bis hin zur KI-gestützten Prozessoptimierung.

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Nürnberg, Deutschland

Viele Organisationen betrachten Qualitätsmanagement als regulatorische Last, die Ressourcen bindet und Innovationen verlangsamt. Zukunftsorientierte Unternehmen entdecken jedoch, dass Qualitätsmanagementsysteme zu einer wichtigen Quelle des Wettbewerbsvorteils werden können, wie Steffen Eschinger im Rahmen des BME-Einkäuftertags auf der MedtecLIVE 2024 präsentierte. Durch strategische Implementierung und einen Perspektivenwechsel können diese Anforderungen Innovation vorantreiben, Kundenzufriedenheit verbessern und Marktdifferenzierung schaffen.

Compliance zum Wettbewerbsvorteil transformieren

Qualitätsmanagement-Anforderungen, besonders in regulierten Branchen wie der Medizintechnik, erscheinen oft als zu überwindende Hindernisse. Wie Steffen Eschinger, ein erfahrener Interimsmanager in der Medizintechnik, zeigt, können diese Anforderungen jedoch zu wirksamen Marktdifferenzierungsmerkmalen werden. Bei der Zusammenarbeit mit einem Medizingerätehersteller verwandelte sein Team beispielsweise die obligatorische Post-market Surveillance in einen strategischen Vorteil, indem Kundenrückmeldungen zur Optimierung von Produktmerkmalen genutzt wurden, was zu erheblichen Marktanteilsgewinnen führte.

Der Schlüssel zu dieser Transformation liegt im Perspektivenwechsel von bloßer Compliance zur Wertschöpfung. Statt Qualitätsmanagement als reine Pflichtübung zu betrachten, integrieren erfolgreiche Organisationen diese Anforderungen in ihre zentrale Geschäftsstrategie. Dies umfasst die Nutzung regulatorischer Dokumentationsanforderungen zur Prozessverbesserung und den Einsatz von Compliance-Aktivitäten zur Gewinnung von Marktinformationen.

Unternehmen, die bei dieser Transformation erfolgreich sind, konzentrieren sich auf drei Kernbereiche:

●       Umwandlung regulatorischer Dokumentation in wertvolle Geschäftserkenntnisse

●       Nutzung von Compliance-Anforderungen zur Prozessoptimierung

●       Einsatz von Qualitätsmanagementsystemen zur Verbesserung der Kundenerfahrung

Die Kraft kundenorientierten Qualitätsmanagements

Kundenengagement stellt einen kritischen Aspekt des Qualitätsmanagements dar, den viele Organisationen unzureichend nutzen. Anstatt sich auf unpersönliche Umfragen und allgemeine Feedback-Formulare über Plattformen wie Survey Monkey zu verlassen, implementieren erfolgreiche Unternehmen systematische Kundenbedarfsanalysen durch direktes Engagement. Wie Eschinger aus seiner Erfahrung berichtet: "In einer klinischen Umgebung werden Ärzte nicht darauf warten, Fragebögen auszufüllen. Solche Umfragen landen typischerweise im Papierkorb und E-Mails direkt im Spam-Ordner."

Ein überzeugendes Beispiel stammt aus seiner Zeit als CEO eines kleinen Kanülenherstellers in der Schweiz. Während größere Konkurrenten auf Standardvertriebsansätze für ihre 55cm-Kanülen setzten, wählte sein Team einen anderen Weg: Sie brachten ihren Herzchirurgen direkt zu ARHZ-Chirurgen und ermöglichten Peer-to-Peer-Diskussionen. Dieser systematische Ansatz zur Kundenbedarfsanalyse, kombiniert mit Leuchtturmprojekten, führte zu einer signifikanten Steigerung des Marktanteils. Wie Eschinger betont: "Wir erzielten massive Umsatzsteigerungen im Markt, aber dies erforderte systematische Kundenbedarfsanalyse und anschließende Post-market Surveillance."

Effektives kundenorientiertes Qualitätsmanagement erfordert mehr als traditionelle Feedback-Mechanismen. Dies bedeutet, technische Experten und Entscheidungsträger ins Feld zu schicken, um die Produktnutzung vor Ort zu beobachten und Kundenherausforderungen in ihrer natürlichen Umgebung zu verstehen. Bei der Zusammenarbeit mit Krankenhaussystemen arbeiten erfolgreiche Unternehmen beispielsweise direkt mit medizinischem Fachpersonal zusammen, um deren Arbeitsabläufe und Herausforderungen zu verstehen.

Die Implementierung kundenzentrischer Qualitätsprozesse erfordert drei grundlegende Elemente:

●       Systematische Erfassung und Analyse von Kundenrückmeldungen

●       Direkte Beobachtung der Produktnutzung in realen Umgebungen

●       Integration von Kundenerkenntnissen in Produktentwicklung und Servicebereitstellung

Ressourcenplanung & Kompetenzentwicklung meistern

Ressourcenplanung und Kompetenzentwicklung bilden das Rückgrat eines effektiven Qualitätsmanagements, insbesondere unter den Anforderungen von ISO 13485 Kapitel 6. Wie Eschinger betont, behandeln viele Unternehmen dies als reine Vor-Audit-Übung, wobei Daten nur Wochen vor Inspektionen aktualisiert werden, anstatt einen kontinuierlichen Prozess zu pflegen. Der Standard erfordert jedoch einen monatlichen Vergleich von Bedarf und Angebot, was besonders für die Medizinprodukteentwicklung und das Krankenhausversorgungs-management entscheidend ist.

Er teilt eine wichtige Erkenntnis aus seiner Erfahrung: "Als unsere Ressourcenplanung wirklich robust war, erreichten wir zwei Ergebnisse: Entweder sicherten wir zusätzliche Ressourcen, wenn Budget und Marktakzeptanz es zuließen, oder wir verschoben weniger attraktive Projekte. Manchmal zogen wir sogar Medizinprodukte vom Markt zurück, weil wir sie nicht angemessen pflegen konnten." Dieser Ansatz führte zu höheren Qualitätsstandards für entwickelte Produkte, verbesserter Mitarbeiterzufriedenheit aufgrund bewältigbarer Arbeitslasten und reduziertem Risiko kritischer Fehler, die zu Sicherheitsmitteilungen oder Patientenschäden führen könnten.

Effektive Ressourcenplanung erfordert regelmäßige Bewertung von Bedarf gegenüber verfügbaren Kapazitäten. Dies beinhaltet monatliche Überprüfungen der Ressourcenanforderungen im Vergleich zur aktuellen Kapazität, mit klaren Eskalationswegen zum Management bei identifizierten Lücken. Unternehmen, die in diesem Bereich hervorragend sind, unterhalten flexible Ressourcenpools und investieren kontinuierlich in Kompetenzentwicklung.

Die Implementierung effektiver Kompetenzmanagement-Systeme erfordert:

●       Regelmäßige Bewertung aktueller versus erforderlicher Fähigkeiten

●       Praxisorientierte Schulungsprogramme mit Fokus auf reale Anwendung

●       Kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Ressourcenallokation

Qualität durch digitale Innovation revolutionieren

Die digitale Transformation revolutioniert das Qualitätsmanagement durch Werkzeuge wie künstliche Intelligenz und Automatisierung. Eschinger teilt ein überzeugendes Praxisbeispiel eines 30-Personen-Elektronikunternehmens, das mit der Verarbeitung von 1.300 Auftragsbestätigungen monatlich kämpfte, einige bis zu 24 Seiten lang, wofür 1,5 Vollzeitkräfte allein für die Überprüfung erforderlich waren. Mithilfe von ChatGPT-4 entwickelten sie einen halbautomatisierten Prozess, der PDF-Dateien lesen, in ein standardisiertes Format umwandeln und strukturierte Daten zum Vergleich generieren konnte. Diese einfache Implementierung reduzierte den Arbeitsaufwand um 50% ohne spezialisierte Entwickler.

Ein weiteres praktisches Beispiel betraf einen Kunden, der 17.000 technische Dokumentationsdateien organisieren musste. Anstatt einen teuren IT-Berater zu engagieren, nutzten sie ChatGPT zur Erstellung eines Verzeichnisübersichtssystems. Was ursprünglich Tage an Beraterzeit in Anspruch genommen hätte, wurde in nur zwei Tagen erreicht, und mit Erfahrung dauert der Prozess jetzt nur noch zehn Minuten.

Moderne Qualitätsmanagementsysteme integrieren zunehmend:

●       Edge Computing für Echtzeit-Qualitätsüberwachung

●       Digital Twins zur Prozessoptimierung

●       KI-gestützes prädiktives Qualitätsmanagement

Der Schlüssel zur erfolgreichen digitalen Transformation liegt darin, klein anzufangen und sich auf praktische Anwendungen zu konzentrieren, die unmittelbaren Mehrwert liefern. Beispielsweise können die Nutzung von KI-Tools für die Dokumentenverarbeitung oder die Implementierung automatisierter Qualitätskontrollen schnelle Erfolge bringen und gleichzeitig Schwung für größere Transformationen aufbauen.

Fazit

Qualitätsmanagement kann sich durch strategische Implementierung und Mentalitätswandel von einer regulatorischen Last zu einem starken Wettbewerbsvorteil entwickeln. Erfolg erfordert systematisches Kundenengagement, effektive Ressourcenplanung und intelligente Adoption digitaler Technologien. Organisationen, die diese Transformation vollziehen, erreichen nicht nur Compliance, sondern schaffen nachhaltige Marktvorteile durch überlegene Qualitätsmanagement-Praktiken.


Redaktioneller Hinweis:
Dieser Beitrag basiert auf dem entsprechenden Vortrag während der MedtecLIVE 2024 und wurde mit Unterstützung von KI erstellt. Auch das Rahmenprogramm der MedtecLIVE 2026, die vom 5. bis 7. Mai 2026 in Stuttgart stattfindet, bietet zahlreiche Vorträge. Die Fachmesse bringt Zulieferer, Anbieter aus der Entwicklung und Produktion von Medizintechnik, OEMs, Inverkehrbringer und weiteren Akteuren der Medizintechnik-Community zusammen.

Ihre Kontaktperson

Lilo Burlafinger

Lilo Burlafinger

Referentin Mitgliederbetreuung, BME e.V.
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