Über Klinikabfälle zu nachhaltigerer Medizintechnik
03.08.2023 Nachhaltigkeit News

Über Klinikabfälle zu nachhaltigerer Medizintechnik

In den deutschen Krankenhäusern fallen jährlich mehrere Millionen Tonnen Abfall in Form von gebrauchten Schutzmasken, Testutensilien, Spritzen, Handschuhen oder Operationskitteln an. Der Großteil dieser Einwegartikel wird verbrannt. Ein Forscherteam am Fraunhofer IWU möchte sich damit nicht abfinden: Es schlägt in seinem Whitepaper „ReMed“ Lösungen vor, die die Recyclingquote bei Kunststoffprodukten im Gesundheitssektor Schritt für Schritt anheben helfen, ohne pflegendes Klinikpersonal mit zusätzlichen Aufgaben zu belasten.

Granulat aus sortenrein getrennten Kunststoffabfällen Das Granulat zur Herstellung hochwertiger neuer Kunststoffe wir aus sortenrein getrennten Kunststoffabfällen gewonnen.
Bei stationären und ambulanten Behandlungen kommen viele Einwegprodukte zum Einsatz, die für ein erhebliches und weiter steigendes Abfallaufkommen sorgen. Dabei gilt auch für den Gesundheitssektor die Vorgabe, zur Jahrhundertmitte klimaneutral zu sein und geschlossene Stoffkreisläufe aufzuweisen.

Die Forschenden des Fraunhofer IWU am Standort Dresden sind überzeugt: Dieses Ziel ist zu schaffen. Im neuen Whitepaper „ReMed“ (Recyling für eine nachhaltige Medizintechnik) zeigen sie Strategien für eine kurz-, mittel- und langfristige Erhöhung des Recyclinganteils von Kunststoffen aus Medizinprodukten auf. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Abfällen in Kliniken; eine wichtige Basis für das Paper sind die Ergebnisse einer Umfrage, an der 27 sächsische Klinken teilnahmen.

Erfolgreiche Strategien, so die Forschenden, müssen Antworten auf Kernfragen zur Zusammensetzung des Abfalls, zu den Beteiligten innerhalb der Prozesskette, Regularien, Materialströmen und Verarbeitungsmöglichkeiten von Rezyklaten geben. Das Team unterzog seine Vorschläge zu Sammlung, Trennung, Aufbereitung, Verwertung und Recycling der Kunststoffabfälle abschließend einem „Realitätscheck“ durch Fachleute des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden. Denn im Klinikalltag darf der nachhaltige Umgang mit Einwegmedizinprodukten weder viel Fläche beanspruchen, noch zu nennenswerter Mehrarbeit führen.

Beispiele für kurz- und mittelfristig umsetzbare Verbesserungen

Unsicherheit bei der Sortierung der Abfälle führt häufig zu Fehlern bei der Zuordnung, eigentlich unbedenkliche Kunststoffe werden so dem Recyclingkreislauf entzogen und „vorsorglich“ verbrannt. Abhilfe könnte ein einheitliches, vereinfachtes und einrichtungsübergreifendes System für die Kennzeichnung der Abfallbehälter schaffen. Farben oder verständliche Symbole würden die Wahl des richtigen Behälters erleichtern.

Für einen geringeren CO2-Fußabdruck sollte die Beimischung biobasierter Kunststoffe bei der Aufbereitung von Mischrezyklaten stärker in Betracht gezogen werden, unterstreicht das Team. Da sie aus Stärke und zuckerhaltigen Pflanzen gewonnen werden, gelten Biokunststoff-Compounds als Kohlenstoffsenke – bei der Müllverbrennung setzen sie kaum fossilen Kohlenstoff frei. Werden außerdem Materialien aus einer Kunststoffgruppe gesondert gesammelt, entstehen weniger Mischrezyklate, was die Herstellung neuer, hochwertiger Kunststoffe erleichtert. Dazu müsste zunächst lediglich ein weiterer Abfallbehälter in den Kliniken aufgestellt werden.

Langfristige Verbesserungen erfordern einen längeren Atem

Ein Zwischenziel auf dem Weg zum geschlossenen Materialkreislauf innerhalb des Medizinsektors sollte sein, das aufbereitete Material aus benutzten Gütern anderen Branchen zugänglich zu machen, die weniger stark reguliert sind.

Die Rückführung gebrauchter Kunststoffe in den Werkstoffkreislauf ist auch mittels rohstofflicher (chemischer) Recyclingverfahren möglich. Dabei wird der Kunststoff in seine einzelnen Bestandteile zerlegt. Voraussetzung für die Weiterverarbeitung solcher Materialien zu Medizinprodukten ist jedoch eine erneute Zulassung. Diese künftig zu erleichtern, ist ein wichtiger Schritt in Richtung geschlossener Wertstoffkreisläufe. 
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