19.10.2023
Regulierung
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Herbstumfrage: Medizintechnik-Standort Deutschland unter Druck
Der MedTech-Standort Deutschland steht nach Einschätzung des Bundesverbandes Medizintechnologie unter Druck. Die Branche verzeichnet laut den Ergebnissen der BVMed-Herbstumfrage zwar ein Umsatzplus von 4,8 Prozent gegenüber dem Krisenjahr 2022, dem stehen jedoch stark gestiegene Personal-, Logistik-, Rohstoff- und Energiekosten sowie hohe Kosten für die Umsetzung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) gegenüber. Der Verband fordert deshalb eine „MedTech-Strategie 2030“.
Unter den auf breiter Front gewachsenen Kosten leiden vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die 93 Prozent der Branche ausmachen. Aktuell gehen die Investitionen am Standort Deutschland zurück, Forschungsinvestitionen werden zunehmend ins Ausland verlagert. Das Innovationsklima ist nach dem BVMed-Index auf einem Tiefstand. „Das müssen wir mit standortfreundlicheren Rahmenbedingungen verändern. Dafür brauchen wir ganzheitliche Ansätze – eine MedTech-Strategie 2030 zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in Deutschland mit Handlungskonzepten für den Forschungs- und Produktionsstandort“, sagte BVMed-Vorstandsvorsitzender Dr. Meinrad Lugan auf der Jahrespressekonferenz des Verbandes in Berlin.

Investitionen in Deutschland gehen zurück
Nach den Ergebnissen der Herbstumfrage 2023, die BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll vorstellte, zeigt sich die Branche nach den Krisenjahren 2020 bis 2022 leicht erholt. „66 Prozent der befragten MedTech-Unternehmen rechnen in diesem Jahr mit einem besseren Umsatzergebnis in Deutschland als im Vorjahr. Das ist ein leicht besseres Ergebnis als in den beiden Vorjahren – reicht aber noch nicht an die Werte vor der Coronapandemie heran. Von einem Umsatzrückgang gehen 19 Prozent der befragten Unternehmen aus. Bei 12 Prozent sind die Umsatzrückgänge sogar im zweistelligen Bereich. Das zeigt, dass sich einzelne Produktbereiche der MedTech-Branche sehr unterschiedlich entwickeln“, erläuterte Möll.Nur 20 Prozent der MedTech-Unternehmen erwarten in diesem Jahr Gewinnsteigerungen. Mit 49 Prozent gehen sogar knapp die Hälfte der Unternehmen von einer weiteren Verschlechterung der Gewinnsituation aus. Der wichtigste Grund für die angespannte Geschäftssituation sind wie im Vorjahr die gestiegenen Logistik-, Rohstoff- und Energiepreise. Hinzu kommen stark steigende Personalkosten aufgrund der Inflationsentwicklung sowie der zunehmende bürokratische Aufwand für das regulatorische System.

Deutschland ist bei Medizintechnologien Weltspitze. Noch. Denn: der Medizintechnik-Standort Europa ist stark gefährdet.
Dr. Meinrad Lugan, BVMed-Vorstandsvorsitzender
Der zunehmende Druck auf die Branche wirkt sich verstärkt auch auf die Investitionen am Standort Deutschland aus. Mehr als ein Viertel der Unternehmen verringern ihre Investitionen. Ähnlich sieht die Situation bei der Forschung aus. 20 Prozent der Unternehmen verringern ihre Forschungsausgaben gegenüber dem Vorjahr. Auf einer Skala von 0 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) bewerten die Unternehmen das Innovationsklima für Medizintechnik in Deutschland im Durchschnitt nur noch mit 3,5. Das ist der Tiefstwert seit Erhebung des Indexes 2012.
Trotz der Krisenauswirkungen und steigenden Kosten schafft die Medizintechnik-Branche in Deutschland weiter zusätzliche Arbeitsplätze. 31 Prozent der Unternehmen, die sich an der BVMed-Herbstumfrage beteiligten, erhöhen die Mitarbeiterzahl gegenüber dem Vorjahr, 58 Prozent halten die Zahl stabil. Gesucht werden vor allem Ingenieure, Informatiker, Data Scientists und Medizintechniker, aber auch lernende technische und kaufmännische Berufe.
FDA-System vielfach präferiert
Die Zeiten, in denen das europäische Regulierungssystem für Medizinprodukte dem US-amerikanischen FDA-System überlegen war, sind vorbei. Das zeigt auch die BVMed-Herbstumfrage 2023 überdeutlich. 53 Prozent der Unternehmen präferieren das FDA-System, nur 12 Prozent das MDR-System der EU. 35 Prozent haben keine Präferenz.Trotz der Krisenauswirkungen und steigenden Kosten schafft die Medizintechnik-Branche in Deutschland weiter zusätzliche Arbeitsplätze. 31 Prozent der Unternehmen, die sich an der BVMed-Herbstumfrage beteiligten, erhöhen die Mitarbeiterzahl gegenüber dem Vorjahr, 58 Prozent halten die Zahl stabil. Gesucht werden vor allem Ingenieure, Informatiker, Data Scientists und Medizintechniker, aber auch lernende technische und kaufmännische Berufe.