MedtecLIVE

Mein Account

Sprache

Markt & Branche

Sozialer und ökonomischer Mehrwert im Einkauf – Vorteile der Zusammenarbeit mit Werkstätten für behinderte Menschen

Win-Win-Partnerschaft: Erfahren Sie, wie Werkstätten für Menschen mit Behinderung Medizinunternehmen bares Geld sparen und gesellschaftliche Wirkung verstärken können

MedtecLIVE
Nürnberg, Deutschland

Medizinunternehmen stehen zunehmend unter Druck, Rentabilität und gesellschaftliche Verantwortung in Einklang zu bringen. Eine Lösung, die an Bedeutung gewinnt, ist die Zusammenarbeit mit Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM), wie im Rahmen des BME-Einkäufertags auf der MedtecLIVE 2024 vorgestellt wurde. Diese bietet sowohl erhebliche Kosteneinsparungen als auch bedeutende gesellschaftliche Wirkung. Dieser Ansatz hilft Unternehmen, gesetzliche Ausgleichsabgaben zu reduzieren und gleichzeitig qualitativ hochwertige Fertigungskapazitäten zu nutzen sowie ihr Profil im Bereich unternehmerischer Sozialverantwortung zu stärken.

Doppelter Nutzen: Finanzielle Vorteile und steuerliche Vergünstigungen

Unternehmen in Deutschland müssen 5% ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen oder Ausgleichsabgaben zahlen. Diese Abgaben reichen von 140 bis 720 Euro pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz monatlich, mit besonderen Regelungen für kleinere Unternehmen. Aktuelle Änderungen haben die maximale Abgabe für Unternehmen ohne Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf 720 Euro monatlich erhöht.

Die finanziellen Auswirkungen sind über alle Unternehmensgrößen hinweg erheblich:

●       Ein Unternehmen mit 110 Mitarbeitenden ohne schwerbehinderte Beschäftigte muss jährlich 51.840 Euro zahlen (6 Pflichtarbeitsplätze × 720 Euro × 12 Monate)

●       Ein größeres Unternehmen mit 2.500 Beschäftigten und einer Beschäftigungsquote von nur 0,4% muss jährliche Abgaben von 496.000 Euro für 115 unbesetzte Pflichtarbeitsplätze entrichten

Aktuelle Statistiken zeigen, dass nur 39% der Unternehmen ihre Beschäftigungspflicht vollständig erfüllen, während 26% keine schwerbehinderten Menschen beschäftigen und 35% ihre Quote teilweise erfüllen.

Durch die Vergabe von Aufträgen an Werkstätten für Menschen mit Behinderung können diese Abgaben reduziert werden. Die Kostenreduzierung bezieht sich auf den Arbeitsanteil der Aufträge, was diese Option besonders attraktiv für arbeitsintensive Fertigungs- und Montagearbeiten macht. Ein Unternehmen, das jährlich 51.840 Euro Ausgleichsabgaben zahlt, könnte diese Kosten durch Werkstattaufträge mit einer Arbeitsleistung im Wert von 103.680 Euro eliminieren.

Die finanziellen Vorteile gehen über die Abgabenreduzierung hinaus. Unternehmen erhalten vollwertige Produktion, zahlen unter Berücksichtigung der Abgabeneinsparung  effektiv aber weniger. Dies ergibt ein überzeugendes Geschäftsmodell, besonders für Medizinproduktehersteller mit laufendem Produktionsbedarf.

Mythen widerlegen: Qualität und Kompetenzen in modernen Werkstätten für Menschen mit Behinderung

Die heutigen Werkstätten für Menschen mit Behinderung betreiben hochmoderne Einrichtungen mit internationalen Zertifizierungen. Ein herausragendes Beispiel ist die 40-jährige Partnerschaft der GWW mit Philips, bei der 20 Beschäftigte mit Behinderung direkt im Philips-Werk Böblingen medizinische Displays fertigen. Die Zusammenarbeit wurde auf die Produktion von Blutdruckschläuchen für Intensivpflegeausrüstung ausgeweitet, wobei die GWW jährlich 250.000-300.000 Schläuche für den weltweiten Vertrieb verarbeitet.

Qualitätskontrolle steht an oberster Stelle - jeder einzelne Schlauch durchläuft eine strenge Prüfung auf Dichtheit und Durchflussrate mittels speziell für Mitarbeitende mit Behinderung angepasster Ausrüstung. Der Prozess verwendet ein farbcodiertes System (rot für Ablehnung, grün für Freigabe) zur Sicherstellung der Genauigkeit. Die Ergebnisse sind beeindruckend - einige Abteilungen halten seit Jahren eine Null-PPM-Fehlerquote (parts per million) aufrecht und erreichen damit das Niveau traditioneller Fertigungsanlagen oder übertreffen es sogar.

Die Werkstätten verfügen über mehrere Zertifizierungen, darunter:

●       ISO 13485 für Medizinprodukteherstellung

●       VDA-Zertifizierung für die Automobilindustrie

●       ISO 9001 Qualitätsmanagement

●       Umweltzertifizierungen

Das Leistungsspektrum umfasst:

●       Elektronische Montage und Prüfung

●       Präzisionsmetallbearbeitung

●       Herstellung von Medizinproduktekomponenten

●       Verpackung und Logistik

●       Qualitätskontrolle und Dokumentation

Wie die Partnerschaft funktioniert

Die Genossenschaften der Werkstätten (gdw) – namentlich die gdw nord, die gdw mitte und die gdw süd – arbeiten und koordinieren ein bundesweites Netzwerk von über 2.500 Produktionsstandorten, die von WfbMs betrieben werden. Diese Struktur ermöglicht die Abwicklung sowohl regionaler als auch nationaler Aufträge durch einen "one-face-to-customer"-Ansatz, bei dem Kunden mit einem einzigen gdw-Ansprechpartner interagieren und gleichzeitig von den gebündelten Fähigkeiten mehrerer Werkstätten profitieren.

Die Werkstätten bieten ein umfangreiches Spektrum an Fertigungsmöglichkeiten, darunter:

●       Verpackung und Montage

●       Metallverarbeitung

●       Druck und Etikettierung

●       Elektro- und Elektronikfertigung

●       Holzbearbeitung

●       Textil- und Lederverarbeitung

●       Bürodienstleistungen und Digitalisierung

●       Kunststoffverarbeitung

Zahlreiche Unternehmen profitieren bereits von dieser Partnerschaft, was die Fähigkeit der Werkstätten zur Erfüllung verschiedenster industrieller Anforderungen belegt.

Unternehmen arbeiten direkt mit gdw-Vertretern zusammen, die bei Bedarf die Kapazitätsplanung, Qualitätssicherung und Terminplanung über mehrere Werkstätten hinweg koordinieren. Diese Struktur ermöglicht es den Werkstätten, großvolumige Produktionsanforderungen bei gleichbleibender Qualität und Zuverlässigkeit zu bewältigen.

Der Implementierungsprozess beginnt typischerweise mit einer Fähigkeitsbeurteilung und Pilotprojekten, die schrittweise ausgebaut werden, sobald Qualitäts- und Liefermetriken validiert sind. Die Werkstätten stellen umfassende Dokumentation und Rückverfolgbarkeit sicher, was besonders für die Medizinprodukteherstellung wichtig ist.

Nachhaltige gesellschaftliche Wirkung über das Geschäftliche hinaus

Die Partnerschaft mit Werkstätten für Menschen mit Behinderung schafft bedeutungsvolle Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen, die sonst möglicherweise Schwierigkeiten hätten, am Arbeitsleben teilzunehmen. Diese Arbeitsplätze bieten mehr als nur Beschäftigung - sie vermitteln Struktur, Sinn und gesellschaftliche Integration.

Die Wirkung erstreckt sich auf die Unternehmenskultur und erhöht das Bewusstsein und Verständnis unter den Unternehmensmitarbeitenden. Wie Werkstattleitende berichten, verändert der Kontakt mit diesen Partnerschaften oft die Wahrnehmung der Fähigkeiten und Beiträge von Menschen mit Behinderung.

Unternehmen, die sich in solchen Partnerschaften engagieren, zeigen konkretes Engagement für gesellschaftliche Verantwortung und tragen zu einer inklusiveren Wirtschaft bei, während sie hohe Qualitätsstandards aufrechterhalten. Dieser authentische Ansatz zur unternehmerischen Sozialverantwortung findet Anklang bei allen Beteiligten und unterstützt weiterreichende Diversitätsinitiativen.

Fazit

Für Medizinunternehmen, die Kosten optimieren und gleichzeitig gesellschaftliche Wirkung verstärken möchten, bieten Partnerschaften mit Werkstätten für Menschen mit Behinderung eine bewährte Lösung. Die Kombination aus erheblichen finanziellen Vorteilen, qualitativ hochwertigen Produktionskapazitäten und bedeutender gesellschaftlicher Wirkung schafft überzeugende Argumente für ein Engagement. Mit zunehmender Entdeckung dieses Modells durch weitere Unternehmen zeigt sich kontinuierlich, dass gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können.


Redaktioneller Hinweis:
Dieser Beitrag basiert auf dem entsprechenden Vortrag während der MedtecLIVE 2024 und wurde mit Unterstützung von KI erstellt. Auch das Rahmenprogramm der MedtecLIVE 2026, die vom 5. bis 7. Mai 2026 in Stuttgart stattfindet, bietet zahlreiche Vorträge. Die Fachmesse bringt Zulieferer, Anbieter aus der Entwicklung und Produktion von Medizintechnik, OEMs, Inverkehrbringer und weiteren Akteuren der Medizintechnik-Community zusammen.

Ihre Kontaktperson

Lilo Burlafinger

Lilo Burlafinger

Referentin Mitgliederbetreuung, BME e.V.
Nachricht schreiben

Beitrag teilen

Zugehörige Themengebiete (3)